Die deutsche Autorin Weissbach im Interview
mit der Tageszeitung Alarab Alyom:



“Through Wall of Fire” erzählt von den Kriegsereignissen aus der Kinderperspektive.

“Through the Wall of Fire: Armenien – Irak – Palästina” (Vergeben und Vergessen).
Das im Jahr 2009 vom Fischer Verlag veröffentlichte Buch besteht aus drei Teilen mit dreizehn Kapiteln, sechs illustrierten Seiten und sechs Skizzen.

Der erste Teil enthält drei Kapiteln: Das erste, “Der Untergang”, berichtet über den Völkermord an den Armeniern im Jahr 1915 aus der Perspektive der Kriegsopfer, als sie damals noch Kinder waren. Das zweite Kapitel “Wer wäre es etwa gewesen, wenn die Türken es nicht getan hätten?” legt anhand armenischer und türkischer Quellen Beweise aus der Geschichte darüber vor, wer hinter dem Völkermord in 1915 an den Armeniern steht. Im dritten Kapitel “Die Herausforderung der Versöhnung” wird die Möglichkeit und Erforderlichkeit der Versöhnung zwischen den Türken und den Armeniern im Sinne des Westfälischen Friedens dargestellt.

Der zweite Teil “Der Irak” ist in fünf Kapiteln aufgeteilt: “Geboren in Mesopotamien”, “Die Rückkehr ins Vaterland”, “Unschuldig und Patriotisch”, “Unterstützt von Irak Airlines” und “Der Völkermord“.
Der dritte Teil des Werkes besteht ebenso aus fünf Kapiteln: “Verrat des Oslo-Abkommens”, “Gaza-Krieg”, “Verlust Palästinas”, “Das geopolitische Denken” und schließlich “Die Verwirklichung von Frieden“. In diesem Abschlusskapitel äußert sich die Autorin hinsichtlich der Friedensfrage sehr optimistisch.
Muriel Mirak-Weissbach wurde als Kind armenischer Einwanderer, deren Eltern auch den Völkermord in 1915 nicht überlebten. Getrieben von den Leiden ihrer Eltern und von ihren Sorgen um die Kinder im Irak und in Palästina führte sie nach dem Irakkrieg in 1991 eine humanitäre Hilfsaktion für die Kinder. Unterstützt von Kamal Fakhouri und seiner Frau Margaret brachte sie zahlreiche verletzte Kinder aus dem Irak entweder nach Deutschland oder in die USA zur medizinischen Behandlung.
Weissbach ist in den USA in Massachusetts geboren und aufgewachsen. Im Jahr 1965 absolvierte Sie ihr Studium am Wellesley College. Ein Jahr danach nahm sie am Fulbright-Programm teil und studierte englische Literatur in Italien an der Universität Mailand. Nach ihrem Studiumabschluss 1971 war sie Dozentin an der Universität Mailand sowie an der Universität Bocconi. Jahre später ging Weissbach zu Schiller- Institut und widmete sich dort den politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklungen in der islamischen und arabischen Welt als politische Journalistin.
Zu Gast bei der jordanischen Tageszeitung “Alarab Alyom” erzählt Muriel Mirak-Weissbach über ihr Buch “Through the Wall of Fire”, das die Konflikte in Palästina und im Irak einerseits und die tragischen Ereignisse ihrer Eltern über den Völkermord an den Armeniern andererseits darstellt.
Das Buch ist eine Episode aus “Göttliche Komödie”, einem Theaterstück vom bekannten italienischen Dichter und Philosophen Dante. ” Göttliche Komödie hat eine sehr wichtige Rolle in meinem Leben gespielt”, sagt die Autorin.
Dante muss durch eine Wand aus Feuer schreiten, um ins Paradies zu gelangen. Doch er steht tatenlos vor dem Feuer, das ihn an die Hölle erinnert. Jedoch als er erfährt, dass seine Geliebte hinter der Feuerwand steht, schreitet er durch das Feuer und trifft eine Gruppe von Schriftstellern, Künstlern und Philosophen.
“Betrachtet man die heutige politische Wirklichkeit, würde dies bedeuten, dass man einen innerlichen Wandel benötigt, um Konflikte zwischen den Völkern lösen zu können. Denn das Durchschreiten der Feuerwand wäre nur dann möglich, wenn man die gegenseitige Hassgefühle und Vorurteile ablegt”, so Weissbach. All das bedeutet, sich der Wahrheit der Vergangenheit zu stellen, die geschichtlichen Abläufe in ihrer Brutalität zu akzeptieren und die wirklich verantwortlichen politischen Mächte zu benennen. Erst dann werde es möglich, im Geist des Westfälischen Friedens zu “vergeben und vergessen” und eine vollkommen neue Beziehung zwischen den Feinden von gestern zu definieren, mit dem Ziel, die Entwicklung des Anderen zu fördern. Aufgrund der aktuellen Initiativen in den drei Konfliktregionen, Irak – Amerika, Türkei-Armenien und Palästina – Israel, sei ein neuer hoffnungsvoller Zukunftsplan auszuarbeiten, fügte sie hinzu.
Zu Ihrem Engagement in der arabischen Region und zum andauernden Konflikt dort erklärt Muriel Mirak-Weissbach: “ich bin als Kind armenischer Einwanderer auf die Welt gekommen, die ihre Eltern auch den Völkermord in 1915 nicht überlebten. Grund für mein Interesse an der Geschichte ist die Tragödie, die meine Eltern in 1915 erleben mussten. Nach dem meine Eltern ihre Familien verloren, wuchsen sie bei türkischen Familien auf. Ich bin bei einer armenisch-amerikanischen Familie aufgewachsen. Schon damals wollte ich immer wissen, was Armenien ist und wo die Türkei liegt. Später bin ich Mitglied einer europäischen politischen Bewegung geworden, die sich mit dem wirtschaftlichen System beschäftigt. Dabei war die islamische und arabische Welt mein Schwerpunkt. Ich habe mich dann mit der Geschichte, Religion und Kultur dieser Völker auseinandergesetzt. Ich habe u. a. Jordanien, Palästina und den Irak besucht“.
Bei der Frage zu den Ereignissen in Alaqsa-Moschee in Jerusalem betonte Weissbach optimistisch, dass der Konflikt zwischen den Israelis und den Palästinensern doch ein Ende haben werde und dass diese Völker eines Tages Frieden schaffen werden. In ihrem Buch “Through the Wall of Fire” gehe es auch um die Schaffung von Frieden, von dem sie überzeugt sei. Doch, um den Frieden verwirklichen zu können müssen sich die Israelis innerlich ändern. Sie sollen den Palästinenser als gleichberechtigten Menschen mit Rechten und Würde betrachten. Denn aufgrund des Krieges auf Gaza und den Libanon ist Israel heute international gesehen nicht mehr das Israel von fünf Jahren zuvor. Nach der Veröffentlichung des Goldstone-Berichts über die Ereignisse in Gaza durch die UNO-Kommission, habe die internationale Gemeinschaft eine andere Einstellung gegenüber Israel.
Den Israelis fehle es heute an einer moralischen politischen Krise, durch die man neue Parteien und damit eine neue Führung möglich machen könnte. Zurzeit gibt es in Israel nämlich keine Parteien, die nach Frieden streben, so Weissbach.
All das was in Alaqsa Moschee vor sich geht, was Netanyahu ankündigte, und die gegen Hamas gerichtete Provokationen in Dubai, seien lediglich bewusste Aktionen, um das Feuer des Krieges zu zünden. Israel wolle den Krieg gegen den Iran, um die Ausrüstung mit Atomenergie im Land zu verzögern und das Regime zu stürzen. Nach dem Iran kämen dann Hizbuallah und Hamas an die Reihe. Deshalb warte Israel heute auf eine Reaktion von Hizbuallah oder Hamas, damit die Israelis mit dem Krieg gegen Gaza und den Libanon fortfahren können. “Die Unruhen in Alaqsa-Moschee gelten als Teil des israelischen Kriegsplanes”, sagte Weissbach.
Über das stetige Übertragen des Terrorismus auf den Islam seitens des Westens betonte Weissbach, dass dies ein großes Missverständnis sei. Terrorismus sei ein sehr kompliziertes Phänomen, das aus zwei Aspekten zu betrachten ist. Ersteres Alqaida, und woher kommt Alqaida schon? Alqaida wurde im Jahre 1979 aufgrund des Sowjetkrieges in Afghanistan von den Amerikanern und Briten gegründet. Dort wurden die so genannten Al-Mudschahidin (die Kämpfer) gegen die sowjetische Armee ausgebildet. Alqaida erhielt daraufhin Schutz und finanzielle Unterstützung. Nach der Auflösung der Sowjetunion verteilten sich die Mitglieder des Netzwerkes Alqaida überall auf der Welt als Terroristen zur Verteidigung des Islam. Sie haben jedoch nichts mit dem Islam zu tun. Andererseits gibt es Freiheitsbewegungen, die um die Befreiung ihrer Völker von Besetzung kämpfen. “Das ist meiner Ansicht nach kein Terrorismus”, sagt Weissbach.
Die Anschläge vom 11. September haben zu einer Krise geführt. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion sei der Islam heute der neue Feind des Westens geworden.